Von Aldi bis Porsche – Deutschland macht es Marken nicht leicht

Das Produktsegment entscheidet über die Markenrelevanz

Marken schaffen Vertrauen. Sobald für den Verbraucher die Sicherheit für seine Kaufentscheidung im Vordergrund steht, sind sie deshalb besonders relevant. Warum ist das so? Der Verbraucher kann mit dem Kauf einer starken Marke die Kaufentscheidung regelrecht abgeben: Wir nennen das „Peace of Mind“, was so viel heißt wie „Mach dir keine Sorgen, mit dieser Marke machst du nichts falsch.“ Diese Sorgenfreiheit beim Kauf ist vor allem bei Produkten mit einer engen Verbindung zu „Leib und Seele“ von Bedeutung – wie etwa Babynahrung oder rezeptfreie Medikamente. Durch das hohe Sicherheitsbedürfnis auf der Verbraucherseite haben starke Marken in diesen Produktsegmenten eine überdurchschnittlich hohe Relevanz für den Verbraucher. Andererseits demonstrieren Marken die Zugehörigkeit zu bestimmten Gesellschaftsgruppen. So kann der Verbraucher mit dem „Tragen“ einer Marke einen bestimmten Status vermitteln. Immer dann, wenn für den Käufer die Aufwertung der eigenen Persönlichkeit im Vordergrund steht, wird dieser besonderen Wert auf das Herstelleransehen legen. Dieses „demonstrative zur Schau stellen“ von Marken ist zum Beispiel in den Produktbereichen Mode, Schmuck oder Automobil zu beobachten. Dieses Phänomen ist jedoch in Regionen weit ab von Deutschland signifikant stärker verbreitet – in China oder in Russland beispielsweise. Die Deutschen stehen auf Understatement! Für sie liegt der Fokus beim Markenkauf mehr auf der Identifikation mit einer Marke und auf der eigenen Belohnung. Sie möchten sich selbst mit dem Kauf von Luxusartikeln etwas Gutes tun. Für sie steht deshalb die Übereinstimmung der eigenen Werte mit der Markenpersönlichkeit im Vordergrund.  

Die Deutschen lieben deutsche Marken

Der anhaltende Trend zu regionalen Lebensmitteln zeigt: Die Deutschen legen großen Wert auf die geografische Herkunft einer Marke. Neben der Gesundheit und Frische spielt hierbei vor allem der Nachhaltigkeitsgedanke eine Rolle. Die Deutschen möchten mit gutem Gewissen konsumieren. Deshalb ist ihnen ein möglichst geringer Ressourcenverbrauch wichtig. Was hat das mit der Liebe zu deutschen Marken zu tun? Die Verbraucher verlassen sich schlichtweg darauf, dass Marken aufgrund ihrer geografischen Herkunft aus Deutschland sozial und ökologisch nachhaltig agieren –  das schafft Entlastung beim Kauf. Deutsche Marken können jedoch weitaus mehr. Sie stehen ebenso für Qualität, Funktionalität und Sicherheit. Vor allem im Luxusbereich werden sie mit exzellenter Verarbeitung, reduzierter Ästhetik sowie handwerklicher und technischer Perfektion assoziiert. Darum lieben die Deutschen Marken aus dem eigenen Land. Gleichzeitig vermissen Luxuskäufer eine gewisse Emotionalität – diese fehlt vielen deutschen Marken. Sie müssen deshalb an gewagteren Designs, bemerkenswerten Innovationen sowie mutigeren Wegen der Vermarktung und Kommunikation arbeiten. Die luxusaffine Zielgruppe will schließlich begeistert werden!  

»Marken aus Deutschland« vs. »Made in Germany«

Eine derartige Unterscheidung ist im Bereich günstiger und erschwinglicher Gebrauchsgüter kaum mehr vorhanden. Schuld sind der hohe Wettbewerbsdruck im Markt und die niedrige Preiserwartung der Konsumenten – beides zusammen macht die ausschließliche Herstellung in Deutschland nahezu unmöglich. Im Segment der Luxus- und Premiumgüter sieht das anders aus. Für die anspruchsvolle Zielgruppe ist „Made in Germany“ weltweit „DAS“ Markenargument mit der größten Strahlkraft – denn: „Made in Germany“ schafft enormes Vertrauen. Dieses Vertrauen resultiert aus der konsequenten Einhaltung der kommunizierten Leistungsversprechen. Der deutsche Premium Uhrenanbieter A. Lange & Söhne beispielsweise versteht es besonders gut von den Verbrauchern als echte deutsche Marke wahrgenommen zu werden. Die Luxusmarke steht wie keine andere für herausragende deutsche Qualität – diese kommt besonders in der exakten Verarbeitung, der Funktionalität und dem Service zum Tragen. Kein Wunder also, dass A. Lange und Söhne seit Jahren Platz eins im Ranking um deutsche Luxusmarken belegt. Aber Vorsicht: Wo „Made in Germany“ draufsteht, muss auch „Made in Germany“ drin sein. Die Nichteinhaltung wird konsequent abgestraft!  

Die Deutschen sind besonders markentreu – Wahrheit oder Gerücht?

Früher wurden Zielgruppen vordergründig nach soziodemographischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Einkommen segmentiert. Nach diesen kann jedoch keine verlässliche Aussage in Bezug auf die Markentreue getroffen werden. Nach modernsten Marketing- und Markenführungsansätzen werden Zielgruppen entsprechend den realen Lebenswelten der Menschen segmentiert – den Milieus. Sie beschreiben die Grundhaltung und Lebensweise der Menschen. Zwischen diesen Milieus sind erhebliche Unterschiede bezüglich der Markentreue erkennbar. Die traditionellen und konservativ-etablierten Milieus etwa – diese sind in Deutschland weiterhin vorherrschend – weisen eine sehr hohe Markentreue auf. Das zunehmende Segment der hedonistischen und pragmatischen Milieus ist da deutlich experimentierfreudiger. Diese Personengruppe weist eine merklich höhere Wechselaffinität auf und hat Spaß daran verschiedene Marken auszuprobieren.  

Neue Marken haben es besonders schwer

Newcomer treffen in Deutschland auf reife Märkte mit etablierten Anbietern. Das erschwert die Etablierung neuer Marken, macht sie jedoch nicht unmöglich. Sobald ein neuer Anbieter es schafft, ein relevantes Bedürfnis zu befriedigen oder dieses gar zu wecken und anschließend zu erfüllen, besteht die Chance für eine nachhaltige Etablierung im Markt – und das, ohne dabei Unsummen in Werbung und Distribution investieren zu müssen. Erfolgreiche Beispiele sind Airbnb – als Anbieter eines Gefühls von Zuhause in der Ferne – oder die Snapchat-Brillen von Spectacles – die unterwegs Momente einfangen und mit der eigenen Community teilen. Beide Marken haben es geschafft, sich erfolgreich am deutschen Markt zu etablieren. Auch im Luxusbereich gibt es derartige Beispiele, wie die junge und hochwertige Uhrenmarke Nomos aus Glashütte. Die Marke ist 1992 in den Markt eingetreten und hat sich seither erfolgreich im bislang traditionellen Segment der Luxusuhren etabliert. Die treibenden Kräfte hierfür waren das herausragende Uhrendesign, eine spannende Geschichte hinter der Marke sowie die geografische Herkunft aus Glashütte, die international ein hohes Ansehen genießt.   Wir sehen also: Die Deutschen machen es Marken zwar nicht leicht, aber: Die Deutschen lieben Marken, die sie begeistern!

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