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Wie steht es um den guten Ruf deutscher Unternehmen?

Reputation, also der sprichwörtlich gute Ruf eines Unternehmens, wird immer stärker Gegenstand unternehmerischer Planung und öffentlicher Beurteilung. Ein Indiz dafür ist die jüngst eingeführte Berichtspflicht für größere Unternehmen zu Social Corporate Responsibility-Themen. Diese Berichtspflicht deckt von Umweltschutz, über Diversity bis zum Kampf gegen Korruption, viel von dem ab, was auf Reputation einzahlt.

Die Studie „Corporate Reputation Score 2018“ der Markenberatung BIESALSKI & COMPANY und der Kommunikationsagentur Serviceplan untersucht, wie die Aktivitäten und die Kommunikation eines Unternehmens, dessen Reputation konkret beeinflussen. Berücksichtigt wird auch, wie das gegenwärtige gesellschaftliche Klima auf die Unternehmensreputation wirkt.

Da Reputation ein kollektives Urteil vieler Stakeholder ist, lässt sich diese nur messen, wenn man diese Stakeholder befragt. Deshalb konzentrieren wir uns beim Corporate Reputation Score auf die Untersuchung der wichtigsten Stakeholdergruppe, die ein Unternehmen hat:

seine Kunden. Pro Unternehmen wurden 200 Kunden befragt. 20 bekannte Unternehmen wurden bewertet, davon 10 DAX-Konzerne und 10 nicht-börsennotierte Unternehmen – letztere primär Familienunternehmen und Stiftungen.

Hier die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

 

Gewinner gewinnen, Verlierer verlieren.

Die Stimmung im Land ist nicht gut. Die Stichworte „Politikverdrossenheit“, „Wutbürger“ und „Populismus“ haben Konjunktur. In diesem Umfeld dürfen auch Unternehmen nicht automatisch mit Wohlwollen rechnen. Viele Indizien sprechen dafür, dass es ein vorgeschaltetes Misstrauen gibt, gegen das Unternehmen ankämpfen müssen.

Beste Voraussetzungen diesen Kampf zu gewinnen, haben nicht-börsennotierte Traditionsmarken wie Miele oder Bosch. Sie stehen für eine Kontinuität, die weder durch Skandale noch durch wirtschaftliche Schwierigkeiten beeinträchtigt wird. Die Markenbilder sind klar und positiv. Bei Bosch ist es die immer noch gelebte Philosophie des sozial engagierten Stammvaters („lieber Geld verlieren als Vertrauen“) und bei Miele ist es die Tatsache, nach wie vor ein Familienunternehmen zu sein, das „immer besser“ bleibt. Kontinuität ist auch ein Faktor, der auf die Deutsche Post einzahlt. Hier ist es ein weitgehend positives Leistungserlebnis („Post kommt an“), dass das Image nach oben hebelt – auch wenn es an anderer Stelle Schwachpunkte gibt.

Anders sieht es bei Firmen im Reputationskeller aus. Hier ist es eine Kombination von Skandalen und missglückter Kommunikation, die den guten Ruf beschädigen. Bei der Deutschen Bank, die bereits in unserer Reputations-Untersuchung von 2012 das Schlusslicht markierte, ist das Barometer noch weiter gefallen. Der Grund: Silberstreifen am Horizont haben sich immer als Trugbilder erwiesen. Die Führung wurde seither zweimal ausgetauscht. Das Vertrauen der Öffentlichkeit sinkt weiter, ohne dass ein unterer Wendepunkt zu erkennen wäre. Man könnte sogar sagen, dass sich die Deutsche Bank in einer „Todesspirale der Reputationsvernichtung“ befindet. Zu oft wurde versprochen, zu wenig wurde geliefert. Mit dem Effekt, dass man neuerlichen Versprechungen noch weniger Glauben schenkt.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Deutschen Bahn, der es ebenfalls nicht gelingt aus der negativen Wahrnehmung auszubrechen. Hier ist das negative Sentiment ebenfalls fest verankert und es gelingt keine Trendwende. Als Quasi-Monopolist ist die Deutsche Bahn allerdings in

einer stärkeren Position gegenüber ihren Kunden als die Deutsche Bank. Wirtschaftlich gefährlich für die Bahn könnte es erst werden, wenn mehr Stammkunden auf alternative Verkehrsmittel umsteigen (z.B. FlixBus) oder konkurrierende Schienenunternehmen an Fahrt aufnehmen.

VW hat wegen des Dieselskandals innerhalb kurzer Zeit an Reputation eingebüßt. Allerdings zeigt sich hier, dass eine traditionell gewachsene Verbundenheit zu einem Unternehmen, ein Kapital ist, von dem man lange zehren kann – denn die Kundennachfrage ist immer noch hoch, wenn auch vielerorts aufgrund massiver Rabatte. Ob VW aus seinem gegenwärtigen Reputationstief herauskommt oder in die Abwärtsspirale von Deutscher Bank und Deutscher Bahn einschwenkt, wird die Unternehmenspolitik der nächsten Jahre entscheiden.

 

Indikatoren für erfolgreichen Reputationsaufbau

Wirkungsvolles Reputationsmanagement beginnt immer in der Chefetage. Hier werden die Strategien entwickelt und die Maßnahmen gesteuert, die ein Unternehmen zum „Reputationsperformer“ machen. Das ist ein komplexer Prozess. Vier Kernregeln, die – unserer Erfahrung nach – positiv auf die Reputation einzahlen.

1. Mut zu Visionen und Haltung. Unternehmen, die Orientierung geben können, gewinnen an Reputation. Denn in einem immer komplexer und undurchschaubarer werdenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umfeld sind Orientierungsgeber stark gefragt. Hier verschwenden Unternehmen viel Reputationspotential.

2. Aus Allerwelts-Themen eine eigene Agenda machen. Gerade bei CSR-Themen gibt es eine Tendenz mit austauschbaren Leerformeln zu agieren. Wer es schafft, Unternehmensaktivitäten und gesellschaftlich relevante Themen zu einer aussagekräftigen und schlüssigen Geschichte zu verbinden, gewinnt Glaubwürdigkeit. Außerdem setzt man sich so von konkurrierenden Unternehmen ab, deren Aktivitäten lediglich als blutarme Pflichtübung wahrgenommen werden.

3. Gute Kritiken sind besser als Eigenlob. Es gilt einen vertrauensvollen und offenen Dialog mit der Presse, Kunden und anderen Stakeholdern aufzubauen. Das Ziel ist dabei, möglichst viel positive Resonanz zu bekommen. Oder anders formuliert: Vertrauen und Glaubwürdigkeit verbreitet sich dann, wenn möglichst viele einem Unternehmen Vertrauen und Glaubwürdigkeit zuschreiben und dies auch weitertragen. Und dies geschieht nicht automatisch, sondern muss hart erarbeitet werden. Fehlende, abwehrende oder verschleiernde Kommunikation erzeugt negative Resonanz – ein Erkennungsmerkmal der schlecht bewerteten Unternehmen in unserer Studie.

4. Authentizität lernen und ausspielen. Das gilt sowohl für Inhalt und Look & Feel als auch in Bezug auf den Kommunikator. Das heißt, wenn der oder die CEO einer Botschaft ein Gesicht gibt und für sie einsteht, ist es besser, als wenn dies in der relativen Gesichtslosigkeit einer Pressemitteilung oder in altbackenen Hauspublikationen geschieht. Eine Position mit Leidenschaft z. B. in den sozialen Medien zu vertreten, wirkt besser als vorsichtiges Abwägen.

Der deutschen Automobil-Industrie kann man vorwerfen, dass sie keine der oben genannten Regeln wirklich einhält, wenn es um die positive Vision CO2-neutraler Mobilität geht. Eine Vision, die zwar viele für sich in Anspruch nehmen, aber gleichzeitig wieder relativieren. Dies und der nicht einzudämmende Verdacht, dass der Abgas-Skandal noch lange nicht zu Ende ist, führen dazu, dass sich andere profilieren können. Tesla beispielsweise.

Ein anderes Beispiel, für den unkonkreten Umgang mit einem Zukunftsthema, ist die Digitalisierung. Hier wird bei den wenigsten Unternehmen klar, ob man Treiber oder Getriebener ist. Schlimmer noch: Die Inhalte einer positiven Kundenorientierung, nämlich die zu erwartenden Nutzen, bleiben schwammig und vage. Wenn Kunden nicht wissen, was sie Positives von der Digitalisierung erwarten können, warum sollten sie diesem Unternehmen einen Vertrauensvorschuss geben?

 

Engineering Reputation = Emotionalisierung von Fakten

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist der Verlust an emotionaler Bindung von Kunden an Unternehmen. Dies zeigt sich besonders an Fragen wie beispielsweise „Würden Sie es bedauern, wenn es dieses Unternehmen nicht mehr geben würde?“. Andererseits spricht man

vielen Unternehmen durchaus Zukunftsfähigkeit zu. Diese Kluft zwischen positiver faktischer Wahrnehmung und indifferenter bis negativer emotionaler Bindung sehen wir als größte Herausforderung für Unternehmen. Warum diese Wahrnehmung zustande kommt lässt sich relativ einfach erklären: Unternehmen werden zunehmend als abgekoppelt von den Bedürfnissen der Gesellschaft betrachtet. Ein globalisierter Großkonzern kann für sich erfolgreich und zukunftsfähig sein, ohne dass dies sich nachhaltig positiv in seiner traditionellen Heimat auswirkt. Ein großer Unterschied zu den Zeiten des Wirtschaftswunders, als unternehmerischer, regionaler und persönlicher Erfolg in einer engen symbiotischen Beziehung standen. Eine Zeit, in der viele Unternehmen Reputationskapital aufgebaut haben, von dem sie lange, aber nicht ewig zehren konnten – siehe Deutsche Bank.

Heute gilt es neue Wege zu gehen, wenn man Reputation gewinnen will. In einer Zeit, in der Ängste gegenüber Klimawandel, Automatisierung und ähnlichem wachsen, ist die bloße Einhaltung von Regeln zu wenig. Unternehmen, die Zeichen setzen, wie sie die Zukunft positiv für alle gestalten können, werden zu den Gewinnern gehören. Und zwar nicht nur in einem ideellen Sinn. Unsere Untersuchung zeigt, dass durchschnittlich ein Viertel des Unternehmens-Umsatzes von Reputation abhängt. Wer die richtigen Weichen stellt, um seinen guten Ruf auszubauen, wird deshalb auch wirtschaftlich zu den Siegern zählen.

 

Hier geht’s zum Studienband mit den ausführlichen Ergebnissen.

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